Parole Trixi im “Haus der Geschichte der BRD”, und warum gibt es eigentlich kein “Tribute to Almut”-Album?

von Sandra Grether

Letzte Woche habe ich spontan diesen Text auf FB gepostet, aufgrund der vielen schönen Reaktionen und der erfreulichen Anteilnahme, poste ich ihn auch hier nochmal. 

Am 15. August 2020  jährt sich der Todestag von Almut Klotz zum 7. Mal. R.I.P., liebe Almut!   Es ist immer noch erschütternd und ich werde mich nie daran gewöhnen, dass sie gestorben ist, so jung. Heute war bei mir, Sandra, in der Post das Museums Magazin zu der “Hits und Hymnen”- Ausstellung im “Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland” in Bonn und später Leipzig, Schon vor längerer Zeit wurde ich gefragt ob ich erlaube, dass unsere selbstbemalte Cassettenbeilage zu PAROLE TRIXIs erstem Song “Seid gegrüßt” Teil dieser Ausstellung zum “Klang der Zeitgeschichte” sein darf.

Den Song habe ich zusammen mit Almut Klotz geschrieben, von mir war der Text, von Almut die Musik. Es war unser erster gemeinsamer Song und überhaupt der erste Song, den ich je in meinem Leben geschrieben habe! Jetzt ist er in dieser wichtigen Ausstellung, zwischen “Wind of Change” von Scorpions, “99 Luftballons” von Nena und so in dieser Kategorie sind da scheinbar die Beiträge. Bap und Tote Hosen sind auch noch dabei  Mir kommen gleich doppelt und dreifach die Tränen.

Der größte Erfolg dieses Lieds bestand ja darin, dass das dazugehörige Video bei Charlotte Roche auf VIVA 2 lief. Wir waren ja die erste deutschsprachige Riot Grrrl Band, wahrscheinlich ist das der Grund, warum wir da dabei sind. Almut, du hättest dich bestimmt sehr darüber gefreut, du kannst so stolz auf dich sein. Weißt du noch wie dieses Foto entstand? Es war nach unserer allerersten Bandprobe, die in der punkrockbewegten Kneipe “Wiener Blut” in Kreuzberg stattfand, da war ein riesengroßer Proberaum im Keller, und wir sitzen oben am Tisch. Ich hatte die Lyrics kurz davor geschrieben, aus einer Nahtoderfahrung mit Magersucht heraus, und der Wut auf eine Gesellschaft, die Frauen* reihenweise in die Essstörungen treibt, was in den späten Neunzigern, das Foto ist von 1998, noch kaum ein Thema war für die Öffentlichkeit. Magersucht wurde als Thema der “hysterischen Frau” aus dem 19. Jahrhundert rezipiert und keineswegs als von kapitalistischen Schönheitsnormen mitverursacht. Vielleicht tut es mir deshalb so weh das Foto zu sehen, weil wir darauf alle so glücklich sind .

Mit dabei übrigens Sandra Ziegelmüller, die Bass spielte und vorne im Bild Elmar Günther, unser Drummer. Als ich den Songtext schrieb, in einem Ruck runter und mich selber überlistend, dass ich jetzt einfach so einen Song schreibe, dachte ich, in einem Oasis-Zitat, auf meinem Bett sitzend “Im gonna start a revolution from my bed.” Und dann wusste ich nicht so recht weiter, weil ich zwar schreiben, aber kaum Musik machen konnte.

Und dann kamst du, Almut, und hast mir den Text förmlich aus der Hand gerissen und mir vertraut, dass wir die Sache schon zusammen rocken werden. Jetzt sofort, und nicht erst noch warten, und einfach geile Musik dazu geschrieben. Revolutionen müssen gleich gestartet werden, bevor die beschissenen Verhältnisse noch mehr Unglück anrichten. Und du hast mir Akkorde auf der Gitarre gezeigt und ich fühlte mich wie eine Königin, dass ich jetzt in einer Band bin. Ohne dich hätte das noch Jahre gedauert: hätte ich einfach gar nicht den Mut gehabt, so von Null auf Hundert zu gehen.

Und so entstand Parole Trixi, von mir war die Idee zu “Trixi”, von Almut kam “Parole”. Aber es sollte eher so sein wie ein “Kinderspiel”, dass man Parole sagt und dann Einlass kriegt. Ich hatte es natürlich viel politischer aufgefasst.

Ich würde so wahnsinnig gern mich darum kümmern, dass es mal ein “Tribute To Almut Klotz” Album gibt, oder so was Ähnliches, was deine Musikalität, dein großes Songwriting Potential in Ehren hält, du warst einfach eine zauberhafte Song-Poetin, und ein ganz toller Mensch.

Aber leider haben wir uns nach 20 Jahren enger Freundschaft irgendwann verstritten, und mir sind die Hände gebunden. Alles was ich machen kann, an dich zu erinnern, ist einmal im Jahr so ein Post. Vielleicht bringt es ein paar anderer deiner Musiker*innenfreund*innen oder sonstige Freunde oder Freundinnen mal dazu, so ein Album oder ein anderes Projekt dieser Art (“Best of Almut Klotz”, z.B.) in Angriff zu nehmen?

Ich warte seit Jahren darauf, dass das jemand macht. Es sind ja genügend einflussreiche Leute dabei, die sowas wuppen könnten. Eins ist auf jeden Fall sicher: ohne Almut Klotz wäre die Welt um mehr als nur eine Hymne ärmer. Und so würde ich abschließend sagen, der größte Erfolg des kleinen Liedes ist nicht das Museum und auch nicht VIVA 2, sondern dass wir am Leben waren.