Krawalle & Liebe: Gewinnertext des Kalendergeschichtenwettbewerbs ( Jurypreis)

von Maria Deborah Wolf

PAULA PAULASON

Meine Freundin, absolut süß, das ist das Adjektiv, das alle „Guys“ – im Zusammenhang mit ihr nennen, wenn sie überhaupt etwas sagen können und ihr Mund vor lauter, sagen wir mal „sexy Glamour“, der von ihr,durchaus unterstützt durch Fachwissen betreffs Heel-Fetisch, Stockingoder Barely-legal-Bevorzugungen und Dirty-talk-Hang, ausgeht – sie heißt, und der Zufall hat es da gut mit ihr gemeint, Paula Paulason, was sie abkürzt in „Nenn mich Paulpaul, wie Chau Chau“, obgleich man ebenso gut „Paulpaul wie Mau Mau“ sagen könnte, doch da wäre die Little-Dog-Fantasie verspielt, und das würde ihr nie passieren, denn sie läßt nichts aus, womit sie in irgendeiner Männer-Fantasie als begehrtes Objekt auf-ploppen kann, beispielsweise, wie gestern als Manga-Girl beim Praktikanten der seine erste Führung in der Galery of art tatsächlich geschafft hatte, wenn auch mit Augen weniger bei den Fotos zum Thema „Jungle – it´s Art, not Nature !“, als eher bei Paulpaul, die es doch tatsächlich fertig brachte, während der Führung nicht nur ihre Lippen rot zu schminken, sondern auch ihre Schuhe drei Mal aus und wieder anzuziehen, ihre Bluse bis zum BH Ansatz, red of course, zu öffnen und Sätze unterzubringen, die Paulpaul „Get-ihn-in-Heat“- Sentences nennt, wie – man muss den Klang nennen – seufzend: „Oh these shoes!“ (kicher, kicher) „zwar aus NY …“ Und sie sagt es deutsch „NY“, denn sie meint, das sei bei Städten der „Knaller“, zwar also aus NY, aber ihre Ballerinas zu Haus wären für diese „Nummer“ („Sag ’Nummer’, egal, von was du redest.“) Ballerinas also wären passender gewesen, „die haben vorne auch noch so ’ne total süße Lücke“, des weiteren der Satz „Ich glaub, die Künstler sind alle so gierig … oh-oh“ (das „Oh-oh“ wie ein … ähm … wie ein Goggogg eines Huhnes, eines jungen Huhnes), und auch ein kleines Auf-Gekiekse, miterlebt von ihrer Freundin, die, trotz Doktorarbeit mit dem Thema „The porn generation“ und einer Abhandlung zum Thema „Dienerinnen der Liebe“, an die hundert mal, in Verbindung mit den Worten „und ich dachte, die Blüte sei ein Dildo. Gott hat Humor, da bin ich beruhigt“, wobei sie Gott dahinhaucht, als sage sie mit diesem Wort etwas, was sie eigentlich gar nicht sagen dürfe, während das Wort „Dildo“ ganz klar ausgesprochen wird, als handele es sich um ein Wort wie „Busfahrplan“. Und wie jeder sich leicht vorstellen kann, war Paulpaul mit dem Praktikanten schon zehn Minuten nach „Danke für ihre Aufmerksamkeit“ zwischen Mänteln in der Garderobe und wusste, wie sie ihn … – sie sagt: nämlich mit „her unforgetable charming way“ … – sie, die kleine Chauchau, „safe and quick“ zum Lieben bringt.

Bei der Vergabe des Jurypreis erzählte die Autorin  dass sie auch ansonsten in ihrer künstlerischen Arbeit viel zum Thema Frauenrollen arbeitet. Im vorliegenden Text habe sie die Frage angetrieben, wie lange eine_r die Erwartungen übererfüllen kann, ohne zum Opfer zu werden. Oder ob die totale Verinnerlichung der Rollen auch ein geschickter Weg wäre sich als Subjwekt zu setzen. Wo also die Grenze zwischen Subjekt oder Objekt verläuft.

Wir fanden den Text aber nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich so schön slick und originell. Und ja: auch lustig! Und noch ein Grund, warum die Jury ihn außerordentlich fand. Der Vortrag war hervorragend. Und sie schaffte es doch tatsächlich auf den Punkt genau, es in 3 Minuten zu bringen. Und so war sie auch im Byte FM Studio und hat den Text nochmal eingelesen, hier könnt ihr euch die schöne Lesung anhören:

Literatur trifft Musik: „Krawalle und Liebe“ in Berlin

Und hier gibts noch ein tolles Interview mit Diviam Hoffmann zu hören, die gemeinsam mit Kerstin und Christian Hippe in der Jury war!