Abschied von Sookee, wer sind ihre Nachfolgerinnen im Rap?

von Sandra

Sookee beendet ihre Karriere als Rapperin, sie hat keinen Bock mehr als “Sookee” aufzutreten und Platten zu machen. Sie verabschiedet sich mit einer Abschiedstour von der (queer-feministischen) Bühne, und Julia Lorenz analysierte gestern treffend in der taz, wer denn ihre Nachfolgerinnen sein könnten/sind, auf eben dieser Bühne: 

Sie wolle sich nicht mehr einer Industrie zur Verfügung stellen, die ihre Antagonistin braucht”, sagt Sookee im Interview mit dem Deutschlandfunk – „und ich habe kein Interesse mehr daran, mich irgendwelchen Bausas, GZUZs und sonst irgendwelchen durchgeknallten Turbokapitalisten, die auch nur Spielbälle im Spiel anderer Turbokapitalisten sind, mit meinen Energien zur Verfügung zu stellen.“

Ein Problem, dem sich auch andere Kolleginnen stellen müssen – wenn sie sich überhaupt in der Antagonistinnen-Rolle sehen. Mit Künstlerinnen wie Hayiti, Loredana, Shirin David und den Ex-SXTN-Mitgliedern Juju und Nura sind zwar aktuell viele Künstlerinnen im Rap erfolgreich; Sookees ästhetischen und inhaltlichen Ansatz verfolgen alle Genannten nicht. In ihrer jungen Tradition stehen eher die Musikerin, Autorin und trans Aktivistin FaulenzA oder die Rapperin Lena Stoehrfaktor, die schon ähnlich lange wie Sookee im Geschäft ist.” 

Gut beobachtet! Die beiden Rapperinnen also, die wir auch auf diesem Blog und auf unseren Veranstaltungsreihen schon oft vorgestellt und gefeiert haben. Und das wäre doch immerhin mehr als nur ein Trostpflaster: Sookee geht und hinterlässt die Bühne für FaulenzA und die Straßenrapperin Lena Stoehrfaktor… die müssen ja auch nicht hundertprozentig in ihre „Fußstapfen“ treten, weil die ja auch schon ihre eigenen Fußabdrücke, wie man so schön sagt, hinterlassen haben. Aber es ist wahr: nur weil female* Acts wie Hayiti oder Nura im Rap erfolgreich sind, bedeutet das ja nicht, dass sie es mit der präzisen gesellschaftskritischen Wut und dem anti-kapitalistischen, feministischen Aufklärungsgestus von Sookee aufnehmen können.

Das können wohl wirklich nur FaulenzA und Lena Stoehrfaktor – und seit Neuestem könnte man vielleicht auch noch Babsi Tollwut dazu zählen. Die hat zwar noch nicht so viele Alben veröffentlicht wie Faulenza und Lena, aber ihr Debut-Album „Hip Hop is am Arsch“ läuft schon mal voll gut rein und gibt einem das Gefühl, dass ein neuer Stern am queer-feministischen Hip Hop Himmel erschienen ist.

Das Album gibt’s schon seit Oktober, wir werden es demnächst hier besprechen. Hier schon mal ein ein Auszug aus dem Titeltrack: (Ich hoffe ich hab alles richtig zitiert, habe es beim Hören mitgeschrieben:)

Hip Hop ist am Arsch, wenn ich mein Album droppe, weil hier alle so fake sind, dass ich mit Ehrlichkeit schocke. Man muss ganz tief sinken, um an den Punkt zu gelangen, so richtig am Arsch sein, um von vorne anzufangen.“

Und weiter: „Hip Hop ist am Arsch. Es ist ohne Gehalt. Wortgerüste, Koks und Brüste und reale Gewalt. Nen Haufen Männer mit Komplexen und beschissenen Texten, vergewaltigen verbal während die Tracks mich nur verletzen.“ Und: „Und es wird trotzdem Frühling, obwohl da eine Lücke ist.“

Das bringt uns elegant zum Thema Sookee zurück:

Eine Lücke, die, wie gesagt, auch FaulenzA füllen kann, oder Lena Stoehrfaktor, die gerade neue Songs mit ihrer Punk-Band, dem Rattenkabinett, schreibt. Man munkelt sogar, dass deren nächstes Album vielleicht bei „Bohemian Strawberry Records“ erscheinen soll, was uns natürlich die allergrößte Ehre wäre.

Es geht also weiter – und man möchte so ganz altmodisch 68er-Links rufen: Schafft 1,2,3,4 – viele Antagonistinnen! Dann muss auch nicht mehr eine alleine den Arschlöchern mit ihren Energien zur Verfügung stehen. Das wussten schließlich schon Ton Steine Scherben und Rio Reiser ( dem, fun fact, Babsi Tollwut auch gerade eine Hymne „Rio“ gewidmet hat): „Allein machen sie dich ein!”

 

P.S. Seit dem 14.12. gibt es die schon 8. Folge von FaulenzAs punkig-politischem Reiseroman on youtube! Einen Artikel über ihr gerade erschienenes Liederbuch bringen wir demnächst.