“Rebel Queens” amongst Patti Smith, Rosalia, Sophie Gilbert, Sonja Eismann im aktuellen FALTER-Feuilleton

Pop-Ikonen Rosalía, Björk, Patti Smith & Co.: Willkommen im Musik-Matriarchat – FALTER

Sehr guter Text von Gerhard Stöger! Freuen uns über alles, was er über Rebel Queens schreibt und schön, dass hier ein Essay aus vier Büchern und tollen neuen Platten entstanden ist.

 

 

“Mutierte die einstige Buben-Veranstal
tung Popmusik nun also zum Matriar
chat? Aktuell sieht es ganz danach aus.
Passend dazu beschäftigt das Thema
“Pop und Geschlechterverhältnis” der
zeit auch eine Reihe an Sachbüchern.
Das unterhaltsamste haben Sandra Gre
ther und Kersty (vormals: Kerstin) Gre
ther geschrieben.
In “Rebel Queens” feiern sie Frauen in
der Popmusik, aktuell und historisch.
Die deutschen Zwillingsschwestern ge
hörten in den 1990ern zu den prägen
den Stimmen beim Intellektuellen-Pop
magazin Spex. Man spürte bei ihnen
stets die Leidenschaft fürs Thema, ohne
dass die kluge Reflexion zu kurz gekom
men wäre.
Beide arbeiten bis heute journalis
tisch, machen selbst Musik, agieren
als Veranstalterinnen und betreiben
mittlerweile ein Café in Berlin. “Re
bel Queens”, vor allem an Gitarren
musik interessiert, ist weniger fundier
tes Nachschlagewerk als vielmehr sub
jektive Textsammlung. Die Grethers er
zählen keine Künstlerinnenbiografien
nach, sondern picken sich Aspekte her
aus und lassen ihre eigene Lebenserfah
rungen in die Beiträge einfließen.
“Objektivität war schon immer der
größte Feind des kenntnisreichen und
aufregenden Musikjournalismus”, er
klären sie – und dass sie im Buch jene
Geschichten erzählen möchten, die zwi
schen Algorithmus und Informations
flut verloren gingen. “Ohne sie wären
die 60er wahrscheinlich gründlich da
nebengegangen”, heißt es etwa über
Grace Slick, die Sängerin der Hippie
band Jefferson Airplane. “Sie bewahr
te die Fassung, noch während sie sie
im Drogenrausch verlor.” “Sie war der
Martin Luther King am Klavier, nur dass
sie irgendwann mit der Gewaltfreiheit
des berühmten Bürgerrechtsaktivisten
nicht mehr übereinstimmte”, lautet ei
ne pointierte Kurzanalyse der so poli
tischen wie streitlustigen US-Jazzlegen
de Nina Simone. Bei Debbie Harry wie
derum, Frontfrau von Blondie, die aus
der New Yorker Punkszene kommend
die Welt der Hitparaden eroberten, ge
rät die Beschreibung schwärmerisch:
“In der erhabenen Güte ihres Gesangs
schien die wahre Botschaft von Debbie
Harrys Suche nach einer besseren Zeit
zu liegen. Auf diese Weise gab sie, in
einem Dezennium der Rüpelhaftigkeit,
das Versprechen eines guten Miteinan
der: als ob Achtsamkeit jederzeit mög
lich wäre.”
Die junge Madonna zitieren sie mit den
Worten “Feminismus? Echt super. Aber
das dauert mir zu lange”; Taylor Swift
sehen sie wohlwollend kritisch: “Sie ist
nicht ,nur’ die Popmilliardärin. Sie ist
auch noch das ehemalige Schulhofmob
bingopfer. So was sitzt tief, für im
mer. Es sind die Kriegswunden der Pop
stars, von Janis Joplin über Boy George
bis Lady Gaga.” Feiert “Rebel Queens”
die Vielfalt weiblicher Stimmen im Pop,
richtet Sonja Eismann …  ihren Blick auf die Männer….