Das neue Normal: 50:50 Quote beim Primavera Sound Festival in Barcelona!

von Sandra

Der Trailer des Aufstands, Aufbruchs, des Neuen Normal beginnt so:

“Remember 2019? The year everything changed.

Solange,  Cardi B., Erykah Bhadu, Robyn, FKW Twigs, Janelle Monae, Courtney Barnett (und viele mehr!!)  spielen vom 30.5. bis 2.6. auf dem berühmten Primavera Sound Festival in Barcelona. Und was ist daran das neue Normal?

Na, dass zu 50 Prozent female* Acts dabei sind! Was waren gleich noch die Argumente des straight -white – ich-möchte- nicht-dass-sich-je-was-ändert-Male dagegen? Ah ja, es gäbe ja nicht so viele Musikerinnen und schon gar nicht solche in der Liga, die auch Tickets verkauft. Und überhaupt: Männer machen bekanntlich die bessere Musik und es soll doch um Musik gehen… 😉 😉 Ha ha. Dass wir darüber mittlerweile nur noch müde lächeln oder zur Abwechslung immer noch sauwütend ist, ist eh klar.

Bzw, hey, this weekend hat unser Kampf einen weiteren Etappensieg gewonnen. Die Veranstalter*innen des Primavera verkünden, sie hätten 2019  mehr Tickets denn ever verkauft! Und dass bei einem so krass gut besetzten Line Up die Qualität nicht leidet, sondern Vielfalt die Qualität nur in die Höhe treiben kann… geschenkt!

Jetzt haben wir hier eigentlich nur noch ein Problem: was machen wir eigentlich noch in Berlin  – und warum haben wir keine Flugreisen nach Barcelona gebucht? Na ja, next year gibts auch wieder ein Programm der Superklasse in Barcelona, so viel steht ja jetzt schon fest. Die sind ja dort nicht in Deutschland, wo sich dem Programm von Key Change, das sich für eine Frauen*quote auf Festivals stark macht, bekanntlich nur ein (in Zahlen: 1) Festival angeschlossen hat, nämlich das wunderbare  Popkultur-Festival, welches aber ja schon vor der Key Change Initiative feministisch und auf Quote war. Freuen wir uns also auf das Berliner Wochenende 21.8.-23.8.! Und hey,  bevor ich`s vergesse, eine Woche vorher gibt es  ja auch unser geniales all-female* Mini-Festival, gefördert von der Musicboard Berlin GmbH:  “Ich brauche eine Genie” @Kantine am Berghain! Vol 7 am 19.6. ist bereits ausverkauft. Für unser Sommer-Genie (Vol 8) am 16.8. steht seit heute übrigens das Programm fest: Elke Brauweiler, Moon Gear und Tellavision werden spielen. Und die Autorin Ferda Atamann wird aus ihrem Buch “Ich bin von hier” lesen.

Kerstin kommt gerade in mein Schreib-Zimmer und erinnert mich daran, wie sie 2016 auf einem Leipziger Podium von einigen Herren, die für wichtige deutsche Festivals buchen, schwerst beleidigt wurde –  für ihre Forderung, dass mehr Frauen* auf Festivals spielen sollen. Dabei war das das Thema des Podium. Und wie einer von ihnen dann sagte: “Das werden wir nicht mehr erleben, dass genauso viele Frauen wie Männer spielen.” (Und es war diesen Herrenmenschen noch vor zweieinhalb Jahren schon zu viel, dass es auch nur einen Artikel gab, in einer deutschen Zeitung, in der sie für ihr Booking kritisiert wurden, s.u., zum Weiterlesen).

Und wie wir beide schließlich aus dem Raum flüchten mussten – wohlgemerkt, es war im tollen linksradikalen Conne Island, und nicht mal die Veranstalterinnen des Podiums kamen uns zu Hilfe  – weil wir uns körperlich bedroht fühlten von Leuten aus dem Publikum, die, angestachelt von dem negativen Vibe der Booker, anfingen, Drohungen gegen uns auszusprechen. Zuerst verließ Kerstin die Bühne, auf der sie als Moderatorin zum Thema eingeladen war, wegen Mobbings von Seiten der Booker. Dann verließen wir beide also den Saal, weil ich, die ich im Publikum weiter diskutiert hatte, mich da  auch nicht mehr sicher fühlte.  Die Booker sahen nämlich sich selbst als die Opfer. “Nur weil das schwache, schöne Geschlecht keine Musik machen kann, werden sie, die männlichen Booker, jetzt dafür kritisiert, dass sie halt nur das buchen, was da ist und was man auch verkaufen kann: männliche Musiker.”

Da will man doch mal ganz laut schreien: lol, Alter, ey jetzt, mit den neuen Festivals in Europa, die mehr Tickets denn je verkaufen, weil sie Frauen* buchen.

Zum Weiterlesen: Eine Front gegen die Zumutungen des Musikgeschäfts!

And now: 3 years later, eine friedliche Front tanzt in Barcelona: