11 Fragen an Maike Rosa Vogel!

“Hippiesein bedeutet für mich, dass man daran glaubt, mit Liebe die Welt retten zu können. Dass das wichtiger ist als Status, Schulabschluss, Gehaltserhöhung, Besitz!”

Am 4.10. spielt our favorite Sängerin und Songschreiberin MAIKE ROSA VOGEL bei Krawalle und Liebe, dem Grether-Salon im Brecht-Haus. Am 31.8. erschien über our Bohemian Strawberry ihr Meisterinnenwerk “Alles was Ich Will” (Vertrieb: Broken Silence). Lassen wir sie  zu diesem Anlass selber zu Wort kommen). Viel Spaß!

1 Nach deinem fulminanten Auftritt im ausverkauften Moussonturm schrieb der Kritiker Detlef Kinsler. „Aber mit Friede, Freude, Eierkuchen und verklärter Flower Power hat das Ouevre der in Berlin lebenden gebürtigen Frankfurterin so gar nichts gemein.“ Er räumt damit auch mit einem eigentlich unerklärlichen Vorurteil auf, mit dem du aufgrund deines Bekenntnis „Ich bin ein Hippie und ich wollte immer einer sein“, manchmal konfrontiert wirst. Uns ist es ja unvorstellbar, wie man eine radikale Musikerin wie dich, die so sehr davon handelt, wie man das richtige Leben im falschen doch noch hinkriegt, auch nur annähernd mit “Friede, Freude, Eierkuchen” in Verbindung bringen kann; nur weil sie ihre eigenen Utopien den kapitalistischen (Selbst-)diskriminierungsstandards entgegensetzt.  Was bedeutet „Hippie im Jahr 2018“ im Allgemeinen, und im Besonderen, wenn man eine Punkvergangenheit hat  – so wie du?

MAIKE ROSA VOGEL: Hippiesein bedeutet für mich, dass man daran glaubt, mit Liebe die Welt retten zu können. Dass das wichtiger ist als Status, Schulabschluss, Gehaltserhöhung, Besitz. Dass man sich und andere von ganzem Herzen lieben kann, ohne irgendeinem dieser materiellen Werte Beachtung zu schenken. Danach kann man immer noch Status und Besitz anstreben, man kann aber auch Punk hören und in besetzten Häusern wohnen oder etwas anderes machen. Als Hippie ist alles möglich. Man kann auch manchmal hassen oder wütend sein, aber immer noch lieben wollen, und zwar alle. Eigentlich sind Hippies die letzten Katholiken (nur ohne Schuldgefühle), weil sie wirklich an die Liebe glauben. Da ist es ganz leicht, innerlich die Augen zu rollen, wenn jemand so etwas sagt, aber was Besseres hat trotzdem niemand auf Lager.

2 Was viele gar nicht wissen ist, dass du in deiner Teenie Zeit Fan von Hamburger Schule warst. Auf dem Album findet sich jetzt auch eine Coverversion von Tocotronics „Pure Vernunft darf niemals siegen.“ Was hat dich dazu bewogen, gerade diesen Song zu covern?

MRV: Ich habe Tocotronic sehr dafür geliebt, so brilliant und gleichzeitig dilettantisch zu sein. Da ging es nie um das Zurschaustellen von Können, sondern um die Dringlichkeit, sich mitzuteilen. Ich hatte aber später oft das Gefühl, dass ich in meiner Fanblase meine Deutung der Tocotronic-Songs sehr stark meiner eigenen Realität angepasst habe, und sie mir nur deswegen so oft aus der Seele gesprochen haben, weil ich genau das reingelegt habe, was ich reinlegen wollte. Dazu ist Kunst ja auch da, aber oft meinten sie, glaube ich, das genaue Gegenteil, von dem, was ich gehört habe, weil viele Texte eher ironisch sind – und Ironie ist nicht so mein Ding, und auch wenn ich Tocotronic immer noch großartig finde, wäre ich wohl kein so großer Fan gewesen, wenn ich das schon früher verstanden hätte. Wir haben viel gemeinsam, aber eigentlich auch überhaupt nichts. Das geht mir oft mit guten Leuten so: Eine große Übereinstimmung direkt neben einem Meer aus Abgründen, die einen trennen. Jedenfalls: das Lied ‘Pure Vernunft darf niemals siegen’ mag ich sehr sehr gerne, und zwar in beide Richtungen. Ich mag es, wenn es genauso gemeint ist, wie es gesungen wird, aber ich mag es auch noch, wenn es eigentlich das Gegenteil bedeuten soll. Und ich mag Dreivierteltakte. Es ist einfach ein großartiger Song.

3 Und gleich noch die Frage nach dem 2.Bonustrack drangehängt. Wie ist dein Verhältnis zu der legendären Liedermacherin Bettina Wegner, von der du den Song „Alles was ich wünsche“ gecovert hast?

MRV: Ich wollte den deutschsprachigen Song einer Frau covern und habe keinen gefunden, der mir gefallen hat. Jedenfalls erst mal nicht. Ich wollte ein Lied covern, das zu mir spricht und habe keines gefunden. Oder nur welche von Männern. Dann habe ich mich an Bettina Wegner erinnert, weil ich als Kind oft das Lied gesungen habe ‘Sind so kleine Hände’, und ich habe mich ein bisschen durchgehört, was sie noch so geschrieben hat, ich kannte nichts davon und weiß gar nicht wieso. Vieles war wunderschön und wichtig und gut. ‘Alles was ich wünsche’ ist doch ein Hammersong. Ich bin so froh, dass ich ihn gefunden habe.

4 Dein Album „Alles Was ich Will“ berührt uns sehr.  Sag mal was zu dem Yoko Ono Song 🙂

MRV: Den habe ich geschrieben, als ich so Anfang 20 war und auf Englisch geschrieben habe. Dann habe ich ihn in die Schublade gelegt und gedacht, dass ich den nie singen kann, weil man mich dafür hassen wird, wenn ich ihn singe, und ganz viele Leute werden ihn auf jeden Fall falsch verstehen und dann muss man ständig erklären, was man eigentlich meint, und dass das kein Song gegen irgendjemanden ist, sondern für etwas in uns, was vom Patriarchat gedeckelt wird, und zwar in uns allen, nicht nur in Frauen. Im Feminismus muss man ja immer erklären, wen man alles nicht hasst, während das Patriarchat munter alle abwerten und hassen kann und sich selten rechtfertigen muss.

Ich habe das Lied geschrieben, weil ich mit Anfang 20 so vollgestopft war mit Frauenbildern, die mir als Frau eigentlich nur vermittelt haben, wie ich auf keinen Fall sein darf, wenn ich einen Platz haben will in der Welt. Ich habe mein Leben damit verbracht, mich dafür zu fürchten, dass ich so bin wie Yoko Ono, wenn ein Mann mich liebt, denn es gibt ja kein größeres Schreckgespenst als Yoko Ono. Aber wie war Yoko Ono eigentlich, außer, dass John Lennon sie abgöttisch geliebt hat? Und wenn man sich mit Yoko Ono beschäftigt, merkt man, das war eine starke Persönlichkeit, eine Künstlerin, die von einem Mann angebetet wurde, den die Welt für sich haben wollte, der sollte keine Frau mehr lieben als seine Band. Und so waren früher ja alle Frauenrollen festgelegt, die mussten immer irgendwie einen bestimmten Teil ausfüllen, aber die haben keinen eigenen Narrativ bekommen, sie mussten für irgendwas gut sein, was Männern nutzt, und eine Frau, die Männer nervt oder Angst macht, oder die sie in Abhängigkeit stürzt, das ist der Teufel. Davor hatte man sich als Frau zu fürchten, so zu sein, bloß niemandem aus Versehen Angst machen, und davor habe ich mich gefürchtet.

Und ich habe verstanden, wie absurd das ist, denn ich glaubte immer schon, dass diese Welt nur an Menschen genesen kann, die aus Rollen ausbrechen und ganz unerwartete Dinge tun, aus sich heraus, und ich wollte so ein Mensch sein, aber gleichzeitig war da diese Furcht, so zu sein wie Yoko Ono. Das hat mich gelähmt und das lähmt mich immer noch und das lähmt uns alle, glaube ich, diese Bilder in unseren Köpfen, die uns sagen, so müsst ihr sein, dann bekommt ihr Liebe und Anerkennung, und seid ihr anders, dann fallt ihr durch die Maschen und seid unsichtbar, als Menschen, dann seid ihr nur noch Symbole, die andere hassen. Und wirklich ändern wird sich nur etwas, wenn wir der Yoko Ono in unserem Kopf erlauben, kein Schreckgespenst zu sein, sondern ein Hinweis darauf, wovor die eingerasteten Strukturen, in denen wir leben, am meisten Angst haben. Und da dann hingehen.

Ich habe mich erst viele Jahre später getraut, den Song zu übersetzen und zu singen: Die Angst vor der Yoko Ono in mir war groß.

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5 Derzeit läuft der Film”Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm” im Kino. Darin sagt Brecht sinngemäß: der Widerspruch ist unsere Hoffnung. Also dass dem Filmpublikum Widersprüche auffallen, ist unsere Hoffnung. (Statt, wie von der kommerziell ausgerichteten Filmproduktionsfirma erwünscht, alles in Watte zu packen). Luise Meier beschreibt etwas Ähnliches in ihrem antikapitalistischen Manifest MX Machine, in dem sie nach den Rissen sucht, die der Kapitalismus hoffentlich sichtbar produziert. Als ich das Luise Meier Buch gelesen habe, dachte ich die ganze Zeit, dass Dein Album klingt wie der Soundtrack dazu. Ja, viel mehr noch, dass deine Lieder bereits die Forderungen umsetzen, nach produktiver, kollektiver Verweigerung, die man aber ins System zurück trägt.

MRV: Ja. Ich finde auch, dass wir uns den Widersprüchen hingeben sollten, aber auch der Hoffnung. Das, was mich am meisten ankotzt bei Menschen ist dieses Schulterzucken, dieses: Was soll man sich jetzt darüber aufregen und kämpfen? Übersetzt heißt das eigentlich: Was soll man da jetzt Hoffnung investieren, es ist doch vergeblich. Und noch tiefer übersetzt heißt das: Ich will nicht noch mal so verletzt werden wie in dem Moment, in dem ich beschlossen habe, lieber Gleichgültigkeit zu empfinden als Schmerz. Das ist jetzt sehr psychoanalytisch. Aber diese hoffnungslosen Menschen schaffen gerade einen viel zu großen Teil unserer Realität, und ich würde ihnen gerne den Mut in die Hand geben, sich zu trauen zu hoffen. Dass man sich hingeben kann, Dinge ändern kann, fühlen kann, Schmerzen, Liebe, Glauben. Dass es sich lohnt. Dass es nicht vergeblich ist. Und ja: Mittendrin zu sitzen und sich doch zu verweigern, wenn es sein muss, dass ist eigentlich mein Konzept.

6 Ehrlich gesagt, es gab noch nie eine Künstlerin wo ich beim Hören der Songs so oft heulen musste, weil es mich so berührt, mit welcher Kraft, aber auch immer möglicher Fragilität du deine starken, mutigen Lebensentwürfe beschreibst. Dabei ist es natürlich auch immer ein bisschen lustig. Musst du beim Schreiben der Lieder (oder auch später beim Aufführen) manchmal selber heulen?

Also, ich heule generell sehr viel. Wenn ich dann schreibe, ist das Heulen meistens schon vorbei. Obwohl, das stimmt gar nicht, manchmal heule ich auch dabei. Und ich höre das oft von Menschen, dass ihnen die Tränen kommen, bei meiner Musik, und das ist natürlich ein sehr zweifelhaftes Kompliment, aber etwas daran ist auch sehr kraftvoll und das mag ich.

7 Bei dir liegt natürlich unsere Standardfrage besonders nah: soll der Kapitalismus überwunden werden und was denkst du über ein bedingungsloses Grundeinkommen?

MRV: Ich glaube, der Kapitalismus ist gar kein so schlechtes System, er braucht nur ein Gegengewicht. So ein Gegengewicht wäre ein bedingungsloses Grundeinkommen, weil dann die Menschen nicht mehr erpressbar wären. Wenn man zum Beispiel Leute fragt, die in materielle Sicherheit geboren wurden, die hadern kaum mit dem Kapitalismus und sind meistens erstaunlich leistungsfähig, ganz ohne Erpressung. Der Kapitalismus offenbart uns eine große Freiheit, wenn er uns nicht gerade erniedrigt. Diese Erniedrigung muss aufhören. Und dass er bestimmt, was an Schulen und Universitäten gelehrt wird, dass wir alle indoktriniert sind von dem Gedanken, dass unser Wert durch unseren Besitz gesteigert werden kann und dass kaufen glücklich macht. Damit fahren wir gerade mit geschlossenen Augen auf den Abgrund zu. Die Welt kann nur gerettet werden, wenn wir den Genuss jenseits des Konsums wiederentdecken und das Zusammensein ohne den Statusgedanken. Dass muss der Kapitalismus verstehen, dann kann er auch überleben.

Krawatte & Liebe: Label-Chefin Sandra 🙂  und Maike (bei “Ich brauche eine Genie, Vol 3, April 18)

 

8 Erzählst du uns mal wie du so vorgehst beim Schreiben eines Songs? Du meintest mal, dass du zuerst den Text schreibst…

MRV: Ja genau, meistens eine Zeile. Ich habe eine Zeile im Kopf, die ein Gefühl hervorruft, das so stark ist, dass es einen ganzen Film von Bildern in mir macht und dann schreibe ich den runter und ordne ihn und dann ist der Text fertig. Dann singe ich ihn an, erstmal ohne Gitarre, also blind und fühle, wie dieser Text gesungen werden will, dann knalle ich ein paar Akkorde drauf, die zu der Melodie passen, die so entsteht, dann singe ich das schnell ein, damit ich es nicht vergesse und später feile ich noch ein bisschen daran rum. In den allermeisten Fällen geht das sehr schnell. Deswegen bereitet es mir auch Probleme, mit anderen zusammen zu schreiben, denn oft passiert bei mir erstmal gar nichts, und wenn es dann losgeht und ich gerade alleine bin, dann kann ich nicht anders, als das Lied sofort fertig zu schreiben.

9 “Alles was ich will” hast du zu deinem persönlichen Meisterinnenwerk erklärt. Das sehen wir auch so! Wir wollen hier ja auch nicht unterschlagen, dass das Album gerade auf unserem Label BOHEMIAN STRAWBERRY erschienen ist 🙂 Sag mal, warum ist das dein Meisterwerk.

MRV: Es ist eigentlich so, dass ja die ganze künstlerische Entwicklung immer eine Weiterentwicklung ist und deswegen denke ich immer, dass mein aktuelles Album das beste ist. Es ist aber auch so, dass dieses Album zwei Welten von mir wiedervereint, die noch nie wirklich zusammenkamen. Ich habe auf meiner allerersten Platte ganz viel programmiert und das ganze Album am Laptop aufgenommen. Bei den darauffolgenden Alben habe ich mit Sven Regener im Studio gearbeitet, da haben wir innerhalb von drei Tagen alles live eingespielt. Das war gut, aber viele meiner kreativen Prozesse kommen nur in Gang, wenn ich alleine bin und etwas mehr Zeit habe. Statt vier Lieder am Tag ist meine Quote zuhause so 1-2 Tage für ein Lied. Und ich muss Zeit haben, um Stimmen zu hören, meine Stimmen, andere instrumentale Stimmen, so ein Lied ist für mich wie ein roher Stein, aus dem man etwas herausklopft. Das kann ich am besten alleine, weil ich sonst nicht höre, wo geklopft werden muss. Später hole ich mir gerne noch Leute dazu, alles alleine machen ist auch doof. Jedenfalls ist die ‘Alles was ich will’ so eine Melange aus beiden Welten, ich habe das live einspielen oft ohne Klick und mit nur einem Mikrofon zusammengebracht mit der Programmierung am Laptop und das gefällt mir am besten so, es drückt mich am besten aus.

10 Wann hast du das erste Mal einen Song geschrieben, wo du dachtest, besser geht’s nicht.

MRV: Oh, das ist schwer. Ich glaube schon ganz früh, so mit 14. Wenn ich in Frankfurt spiele, wo ich aufgewachsen bin und immer schon Bands hatte, gibt es oft auf Konzerten Leute, die diese ganz alten Kamellen reinrufen, weil sie die noch mal hören wollen. Als ich die geschrieben habe, fand ich sie auch super.

11 Wie wichtig ist dir, bei aller Pophaftigkeit und Verbundenheit mit Indie-Rock, das Singer/Songwriter/Liedermacher-Genre?

MRV: Der Hippie in mir glaubt, dass gute Sachen passieren, wenn man im Wald spazieren geht oder am Lagerfeuer sitzt und zusammen singt. Die Liedermacherinnen und Liedermacher sind ja auch immer so etwas wie Medizinmänner gewesen, etwas heilsames, nur lassen wir sie nicht mehr so nah an uns ran. Sie bewahren und erfinden Geschichten, und sie erinnern uns an unsere Fehler und Stärken, an unsere Geschichte. Wenn wir mit ihnen zusammen singen, lassen wir uns aufeinander ein. Das ist eine wunderschöne gemeinsame Tätigkeit. Meistens sind wir uns zu cool dafür oder kommen nicht in diese Nähe, die das zulassen würde, aber wenn es passiert, sind das magische Momente. Jedesmal, wenn ich irgendwo gesessen habe, wo eine Gitarre rumging und man sich entweder etwas vorsang oder zusammen bekannte Lieder sang, war ich hinterher sehr glücklich. Wenn Leute mir sagen, sie singen meine Lieder zuhause mit ihrer Familie oder hören sich mit anderen die Akkorde raus, dann freue ich mich. Auf der äußeren Ebene funktioniert Pop da anders, er hat mehr Schlagkraft, mehr Symbole, ist cooler und glitzert. Das ist auch gut. Die Bühne ist höher, die Menschen weiter weg, aber das ist auch gut.

Es gibt eine Szene aus dem Fußball bei der Europameisterschaft 2012, als Irland gegen Spanien spielte und das vierte Tor für Spanien fiel und es klar war, dass Irland verliert: Ab dem Moment sang die gesamte irische Fankurve (wahrscheinlich das halbe Stadion) für den Rest des Spiels das Lied ‘The Fields Of Athenry’. Das ist ein sehr trauriges Lied über die Zeit der englischen Besetzung und der Hungersnot in Irland. Die Iren sangen es für ihre verlierende Mannschaft wie auf einer Beerdigung, aber auch so würdevoll; wie Menschen, die sich gegenseitig Mut zusprechen: Wir haben schon so viel Scheiß erlebt, das hier ist Fußball, das schaffen wir auch noch, und dass da sind unsere Jungs. Es war keine Hymne der Überlegenheit, das war ein letztes gemeinsames Ansingen vor dem gemeinsamen Scheitern. Bei der deutschen Übertragung hat der Kommentator irgendwann aufgehört zu kommentieren, weil der Gesang so eine starke Wirkung hatte, und vielleicht auch, weil es ihm die Sprache verschlug. Es gibt wenige Dinge, die mich so berühren wie Menschen, die zusammen singen. Leider passiert das hier oft nur in Gesangsgruppen, also organisiert von Leuten, die eine gewisse Technik beherrschen, es sollte viel mehr dilettantisch gesungen werden, egal ob Singer/Songwriter, Pop oder Death Metal. Ich singe mit meiner Tochter gerade öfter Taylor Swift, die ist eigentlich der Feind, aber nicht, wenn wir zusammen ihre Lieder singen. Dann ist es etwas ganz anderes.